Das OLG Stuttgart hat im Streit um Autokreditverträge der Mercedes-Benz-Bank die bundesweit erste Musterfeststellungsklage als unzulässig abgewiesen, da die klagende „Schutzgemeinschaft für Bankkunden“ nicht berechtigt sei, stellvertretend für Verbraucher vor Gericht zu streiten.
Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V. hält die Widerrufsklauseln in den Verträgen für unverständlich und hatte daher versucht, sie für unzulässig erklären zu lassen. Vor allem viele Diesel-Fahrer sehen in diesem Vorgehen eine Möglichkeit, ihren Autokauf per „Widerrufs-Joker“ rückgängig zu machen.
Die Musterfeststellungsklage wurde vom Gesetzgeber zum 01.11.2018 als erstinstanzliches Verfahren bei den Oberlandesgerichten neu geschaffen. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V. hat dem Oberlandesgericht Rechtsfragen zur Klärung vorgelegt, die den Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen bei der beklagten Mercedes Benz Bank AG betreffen. Gerichtlich überprüft werden sollte, ob in den Formularen der beklagten Bank die erforderlichen Pflichtangaben, darunter insbesondere die Widerrufsinformation, ordnungsgemäß erteilt wurden. Auch Fragen im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen eines Widerrufs (Konditionen der Rückgabe der finanzierten Fahrzeuge) sollten geklärt werden.
Das OLG Stuttgart hat die Klage abgewiesen.
Der Gesetzgeber habe die Zulässigkeit einer Musterfeststellungklage davon abhängig gemacht, dass diese von einer sog. „qualifizierten Einrichtung“ i.S.d. § 606 ZPO erhoben werde, und es lasse sich – so das OLG Stuttgart – nicht feststellen, dass der klagende Verein alle entsprechenden gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfülle. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V. habe insbesondere nicht belegen können, dass sie als Mitglieder mindestens 350 natürliche Personen habe, in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehme und Musterfeststellungsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erhebe.
Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, die politischen Diskussionen der letzten Jahre über den Kreis der zur Erhebung von Musterfeststellungsklagen berechtigten Einrichtungen fortzusetzen. Entscheidungserheblich und für das Oberlandesgericht bindend sei allein die beschlossene Gesetzesfassung, die den Kreis der Klagebefugten ausdrücklich beschränke, um – wie es in der Gesetzesbegründung heißt – durch „strenge Voraussetzungen“ sicherzustellen, dass solche Klagen „ohne Gewinnerzielungsabsicht und nur im Interesse betroffener Verbraucherinnen und Verbraucher“ erhoben werden und eine „kommerzielle Klageindustrie“ verhindert werde.
Das OLG Stuttgart hat die Revision zum BGH zugelassen.
Hinweis des Gerichts: Wegen der Unzulässigkeit der Klage konnten die in der mündlichen Verhandlung erörterten inhaltlichen Fragen zur Widerruflichkeit der Darlehensverträge nicht geklärt werden. Der 6. Zivilsenat des OLG Stuttgart wird aber schon bald Gelegenheit haben, sich mit diesen inhaltlichen Fragen zu beschäftigen, weil eine Reihe von Kunden der Mercedes Benz Bank AG individuelle Klagen erhoben haben, von denen einige bereits beim Senat als Berufungsverfahren anhängig sind.
juris-Redaktion
Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 20.03.2019
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