Nachfolgend ein Beitrag vom 15.11.2018 von Cornelius-Winkler, jurisPR-VersR 11/2018 Anm. 5

Leitsätze

1. Eine Ausschlussklausel in der Rechtsschutzversicherung für „Streitigkeiten über den Zugang zum Hochschulstudium“ erfasst auch Rechtsstreitigkeiten über die Zuweisung eines Studienplatzes („Kapazitätsklagen“). Der Begriff „Zugang zum Hochschulstudium“ ist kein fest umrissener Rechtsbegriff, der sich nur auf die Studienberechtigung – insbesondere die persönliche Qualifikation wie etwa die Hochschulreife – und nicht auch auf die Frage von Zulassungsbeschränkungen wegen begrenzter Kapazität bezieht. Das somit für die Auslegung maßgebliche Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers geht dahin, dass die Klausel sämtliche Streitigkeiten umfasst, die die tatsächliche Aufnahme eines Hochschulstudiums und damit auch den Erhalt eines Studienplatzes betreffen.
2. Eine abweichende Auslegung ist auch nicht durch die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB geboten.
3. Die Ausschlussklausel ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

A. Problemstellung

Das OLG Karlsruhe hatte sich mit der Wirksamkeit der im Leitsatz 1 zitierten Ausschlussklausel zu beschäftigen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Ausschluss „Streitigkeiten über den Zugang zum Hochschulstudium“ ist ebenso wie der „Verwaltungsrechtsschutz in privaten Angelegenheiten“ nicht Gegenstand der ARB 2010/2012 ff. GDV. Es handelt sich vielmehr um eine Erweiterung des schon seit den ARB 75 angebotenen „Verwaltungsrechtsschutzes in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten“ auf nichtverkehrsrechtliche Streitigkeiten in einzelnen Unternehmensbedingungen, so auch im vorliegenden Fall. Für die erweiterte Leistungsart galten dabei schon immer die allgemeinen Ausschlussklauseln in § 3 ARB 94 ff., insbesondere der sog. Baurisikoausschluss. Wegen der hohen Schadenbelastung haben dann die meisten Versicherer, welche die Erweiterung anboten, später Streitigkeiten über die Vergabe von Studienplätzen ebenso ausgeschlossen wie Asyl- und Ausländerverfahren (vgl. Harbauer/Obarowski, 9. Aufl., § 2 ARB 2010, Rn. 261).
Das OLG Karlsruhe hatte entsprechend den allgemeinen Auslegungsregeln für Versicherungsbedingungen zunächst zu entscheiden, ob es sich bei dem Begriff „Zugang“ zu einem Hochschulstudium um einen feststehenden Rechtsbegriff handelt, der deshalb – wie der Anwalt des Versicherungsnehmers argumentierte – nicht für sog. Kapazitätsklagen gelte. Das Gericht kam insoweit zu dem Schluss, dass im Hochschulrahmengesetz (HRG) keine Legaldefinition des Begriffs „Zugang“ existiere und dort häufiger der Begriff „Zulassung“ verwendet werde. Aus der danach maßgeblichen Sicht des „durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers“ ergäbe sich keine Unklarheit i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB, weil dieser die Klausel dahingehend verstünde, dass es nicht nur um die Frage der persönlichen Qualifikation zur Aufnahme eines Hochschulstudiums gehe, sondern alle Streitigkeiten ausgeschlossen sein sollen, die seinen individuellen und damit tatsächlichen Zugang zum Hochschulstudium beträfen.

C. Kontext der Entscheidung

Das OLG Karlsruhe nimmt in der Begründung Bezug auf ein Urteil des LG München I vom 23.02.2015 (26 O 17168/14), in welchem dieses meinte, der Begriff „Zugang“ ohne Bezug auf einen konkreten Studienplatz sei inhaltsleer und die Klausel sei deshalb vom Wortlaut her weiter zu verstehen, als dies der Kläger meine.

D. Auswirkungen für die Praxis

Das Urteil des OLG Karlsruhe ist inhaltlich nicht zu beanstanden, und es erstaunt auch nicht, dass bereits die erste Instanz die Klage mit ähnlicher Begründung abgewiesen hat. Eher schon stellt sich unter Berücksichtigung der oben erwähnten weiteren Ausschlussklauseln die Frage, für welche Streitigkeiten danach überhaupt noch in relevantem Umfang Versicherungsschutz in Betracht kommt. Für den Versicherungsmakler dürfte der unterschiedliche Umfang des Versicherungsschutzes ein erhebliches Haftungsrisiko darstellen, weil einige Versicherer durchaus noch Versicherungsschutz für Kapazitätsklagen anbieten, wenn auch teilweise mit einer Wartezeit oder einer Limitierung auf eine bestimmte Anzahl von Klagen.

Ausschlussklausel in der Rechtsschutzversicherung für Streitigkeiten über den Zugang zum Hochschulstudium
Andrea KahleRechtsanwältin

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